Die Jenaplan-Pädagogik ist gekennzeichnet durch großen Abwechslungsreichtum bei der HAUPTAKTIVITÄT ARBEIT , die zugleich klar strukturiert ist. Vieles ist bereits oben unter „Jenaplan“ (Das Schulmodell Jenaplan auf einen Blick) dargestellt. Schon durch die Einbettung von Arbeit in einen Wochenarbeitsplan (nicht zu verwechseln mit dem einfachen „Wochenplan“!) mit rhythmischem Wechsel von Gespräch, Spiel, Arbeit und Feier streift die Arbeit im Jenaplan die ermüdende Monotonie des üblichen „Fetzenstundenplans“ (so die Kritik Petersens an der „alten“ Schule) ab. Der lokale Bezug, die Offenheit der Jenaplan-Schulen für ihre unmittelbare und weitere Umgebung, das Lernen in Natur, Landschaft, die Begegnung mit den Denkmälern der Kultur und Geschichte, mit lebendigen Zeitzeugen, den Müttern und Vätern auch als (berufliche) Experten für viele Sachfragen erweitert und bereichert den Lernraum um mehrere Dimensionen. Gegenüber dem „alten“ Lernen nur mit Büchern, Kreidetafel oder vorgefertigten Materialien ist Jenaplan-Unterricht auch offen für Aktualität und – wo erforderlich – für spontanes Eingehen auf überraschende Ereignisse. Damit ist der Kernunterricht nicht „etwas Artifizielles, etwas Konstruiertes, sondern…das Leben selbst.“ (Boes/Both 2001) Die Vielfalt und Lebendigkeit der Aktionsformen von „Arbeit“ wirken sich natürlich auch positiv auf das Erinnerungsvermögen aus. Die SchülerInnen lernen es, mit Hilfe ihrer eigenen Fragen direkten Kontakt mit Menschen oder Sachen aufzunehmen, um etwas über die Welt um sich herum zu erfahren. Mit Interview-Technik können sie sich z.B. das Wissen und die Erfahrung anderer Menschen – etwa für ein beabsichtigtes Referat – erschließen. Sie können auch auf die Gegenstände der Natur, auf Tiere und Pflanzen direkt zugehen, um sie zu „befragen“ und Auskunft über ihr Werden oder ihr So-sein zu bekommen.
Ausdauer und Freude am Leben
Sie dringen beim Umgang mit literarischen Texten an Hand von Rollenspielen tiefer in die je enthaltene Problematik ein als durch bloße Textarbeit. Im Zuge eigener Rolleninterpretationen können sie die Bedeutung von Gedichten, von dramatischen Szenen auch für sich selbst, ihr eigenes Leben erfahren. In Kreisgesprächen (etwa im Berichtskreis, aber auch in anderen Kreisen, s.o. „Gespräch“) kann Erlebtes, auch das Gruppenleben, das Verhalten einzelner SchülerInnen thematisiert und verarbeitet werden. Fehlverhalten und Fehlentwicklungen können schneller „aufgedeckt“ und korrigiert werden. (Das ist kein „Benimm-Unterricht“ alten Stils, sondern echte Beziehungsarbeit.) Durch die aktive Einbeziehung der Stammgruppen im Sinne einer Kultur partizipativ-demokratischen Handelns , aber auch der einzelnen Schüler bei der Wahl, der Planung und dem (möglichst selbstorganisierten)„Begehen“ ihres eigenen Lernwegs beginnen die Kinder, sich eigenständig in der Welt der für sie interessanten Dinge und Lebewesen zu orientieren – ‚Weltorientierung‘ als Inhalt und Ziel jeder guten Jenaplan-Arbeit. Auch hierbei sind die Momente gemeinsamer Reflexion im Kreis, die kameradschaftliche Hilfe, Beratung und Begleitung von großem Nutzen. Auch das In-Stand-Halten des eigenen Raumes,
Pflege des Schulgartens
die Pflege des Gartens oder der Schulumgebung sind Beispiele für einsichtige, sinnvolle Arbeit „mit Kopf, Herz und Hand“.
Die Arbeit strukturiert der Jenaplan mit Hilfe der – sehr flexibel zu handhabenden – Grundmöglichkeiten ‚Kurs‘ und ‚Kern‘: Instruktion findet in „Kursen“ (unterschiedlicher Länge) statt, v.a.die Einführung in Methoden, Kulturtechniken oder in Grundwissen von bestimmten Fachgebieten. Die Kernarbeit der Jenaplan-Schule ist die Erarbeitung von ausgewählten Sachgebieten im Bereich der fächübergreifenden ‚Weltorientierung‘ (WO). Dienende Funktion für WO haben die Kurse, aber z.B. auch bestimmte Kreisgespräche (z.B. Planungskreise…), persönliche Gespräche und Absprachen mit bzw. zwischen einzelnen SchülerInnen. Der Wechsel zwischen instruierendem Kursunterricht und dem Kernunterricht als
Kooperation und Hilfe
projektartiger Weltorientierung (als Einzel-, Partner- oderGruppenarbeit) sowie die Beherrschung beider Unterrichtsformen in ihrem Zusammenspiel ist für die Entwicklung und das Gelingen eines selbstregulierten Lernens entscheidend. Die Zeitschiene im rhythmischen Wochenarbeitsplan, innerhalb derer die Schüler eigenständige Arbeit verrichten, ist v. a. die „Blockperiode“.
Die vielfältigen und neuen Arbeitsformen des Jenaplans erfordern auch angemessene eigene Beurteilungsformen (s. Basisprinzip 19 mit Beobachtungskriterien). Die Diagnose der Entwicklung von Kindern per landesweit ermittelter Normen (Mittelwerten) spielt in einer Jenaplanschule eine sehr untergeordnete Rolle. Beobachtungen, Formen authentischer Evaluation, Selbstevaluation von Kindern (anhand objektiver Normen – ‚Kann ich das oder kann ich das nicht?’, auch mit Hilfe von Tests) und das Einbeziehen von Kindern beim Besprechen des weiteren Vorgehens sind viel wichtiger. Hierzu gehört auch die Einführung von Portfolios. Jenaplan 21 sieht die oft kontraproduktive Rolle von landesweiten Standards und Tests (s.u.). Dementsprechend hat Jenaplan 21 im Sinne einer echten „Leistungskultur“ eine Reihe von Instrumenten für interne Evaluation sowohl des Unterrichts als auch des Schullebens entwickelt.
WELTORIENTIERUNG – DER WEG ZU FÄCHERINTEGRIERENDEM UND SELBSTORGANISIERTEM LERNEN
Boes/Both/Lenzen/Draeger [2012], Weltorientierung als fächerintegrierendes Lernen:
Kees Both [2001 b], Zehn Thesen zur Weltorientierung in der Jenaplan-Schule:
Ad Boes/Kees Both (2001), Kern und Kurs im Jenaplan. Zehn Thesen:
Fragen bei der Erarbeitung eines Referats/Werkstücks [2002]
Kees Both (2001), Untersuchungsarbeit von und mit Kindern, Thesen und Schrittemodell
Kees Both (2008), Naturorientierte Intelligenz und ihre Anwendung
Hartmut Draeger (2014), Ökologisches Engagement in niederländischen Jenaplan-Schulen
Both/Meijer/Veneman (2001), Zur Blockperiode:
Hartmut Draeger, Zum Verstehen und Beurteilen von Wochenplänen:
Projektarbeit – Methoden und Merkmale: