GESPRÄCH

GESPRÄCH

Die Jenaplan-Pädagogik hat eine ausgereifte Gesprächskultur entwickelt. Das Gespräch mit allen seinen Facetten wurde schon von Petersen als eine Urform des Lebens und Lernens entdeckt und bewusst für Unterricht und Schulleben eingesetzt. In einer intelligenten, ihrer selbst bewussten Gesellschaft sollten sich im Raum der Schule Lehre und Gespräch wechselseitig ergänzen können. (Klaßen, 1971)

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Kommunikation in einer Feier – zu zweit und mit der ganzen Schule

Im Aufwachsen von Kindern geschieht etwas der Sprachentwicklung des „Urmenschen“ Vergleichbares. Das Lallen des Babys an der Brust drückt bereits das Gefühl einer Zufriedenheit aus, ist neben dem Schrei nach Nahrung und Lauten des Schmerzes erste Artikulation gefühlter Situationen. Hier beginnen auch erste Aktion – Reaktion der Umgebung – Interaktion. Darum setzt Peter Petersen auch das Gespräch an den Anfang seiner Viererreihe der Urformen des Lebens und Lernens. Nach dem ersten „Sprechen“ des Kindes erfolgt die Realisierung des Erkundungs- und Spieltriebs, mit dem intensiven und oft wiederholten („fleißigen“) Spielen entwickelt sich die Fähigkeit zu beobachtender Distanz, zu Ausdauer und Arbeit, zu ergebnis- und produktorientiertem Handeln – schließlich lehnt sich der (kleine) Mensch zurück, bewundert und feiert sein Werk.
„Leben lernen in Beziehungen“ (Kees Both) zielt nicht zuletzt auch auf die persönlichen, sozialen, beruflichen, politischen Gespräche, die wir zu führen haben. Auch die Stammgruppe oder die ganze Schule als sozialer Raum bedarf der Kunst des guten Gesprächs als Quelle von

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Begegnung im Gespräch

Informationen über unser Erleben und unsere Entdeckungen, aber natürlich auch über uns selbst. Der Jenaplan ist ganz besonders eine Pädagogik der Begegnung. Es gibt eine weitreichende Analogie zwischen dem ‚dialogischen Denken‘ Martin Bubers („Ich und Du“) und Peter Petersens. (s.Kees Both, Jenaplan 21, S.226)
Gleichzeitig fordert uns der Jenaplan auf, im Verarbeitungsprozess in die Tiefe zu gehen, auch gruppendynamische Prozesse zu beachten, zu beobachten, zu gestalten. Heutige Selbsterfahrungsgruppen und die Themenzentrierte Interaktion (TZI von Ruth Kohn) zeigen die große lebenspraktische Bedeutung solcher Gesprächskultur.
Die Kinderkultur ist eine Welt spielender und spielerischer Interaktion. Sie stellt im Prinzip eine gesprochene, eine mündliche Kultur dar. Der „große Unterschied zum Leben in der Gebärmutter besteht darin, dass die Welt nun von Geschichten umspült wird und dadurch Sinn bekommt.“ (Tom de Boer)

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Gemeinsam spielen – miteinander sprechen – miteinander handeln

Daher ist es dem Jenaplan wichtig, die Sprache und das Gespräch als äußerst wichtigen Bestandteil des (Schul-)Lebens zu pflegen. Kees Both widmet dem Thema der Sprachförderung in „Jenaplan 21“ ein wichtiges Kapitel.
Eine gut strukturierte Sprecherziehung und Gestaltung der sprachlichen Umgebung ist auch die Voraussetzung für die Verständigung in der„Verkehrssprache“ zwischen den Menschen verschiedener Herkunft in unserem Land. Den besonderen Beitrag der Jenaplan-Schule für die Sprachentwicklung von SchülerInnen mit Migrationshintergrund betont auch Eva Kahl (2013).

Ad W. Boes bietet in seiner Darlegung einfühlsame, gründlich durchdachte und praxiserprobte Regeln für das thematische Kreisgespräch.(s.u.!)

In seinem Beitrag über das Lernen in der Netzwerkgesellschaft (s.u.) erinnert der niederländische Soziologe Hans F. van Aalst daran, dass die Menschen als „Subjekte“ (und „Objekte“) der großen und schnellen gesellschaftlichen, gerade auch medialen Veränderungen ihre Sprache und ihre Kritikfähigkeit bewahren müssen, um im Rahmen der allumfassenden „objektiven“ Entwicklungen die eigene Gestaltungsmacht nicht zu verlieren. Die Veränderungen im Umfeld der Schule sollten zu neuem, selbständigem Lernen,

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Besinnungspause

zu“strategischem Handeln” im Kontext der immer komplexer werdenden „Informationsgesellschaft“ inspirieren. Solches Lernen erfordert besonders auch eine Erziehung zur Kritikfähigkeit, wie sie der Jenaplan 21 mit dem Qualitätskriterium „kritisch“ anstrebt. Es ist heute auch außerhalb der Pädagogik allgemein anerkannt, dass „Kritik“ und „Kritikfähigkeit“ neben Kreativität die entscheidende Motoren der Wissenschaft und der gesellschaftlichen Entwicklung darstellen.

Der Jenaplan 21 hat eine Reihe möglicher Kreisformen mit ihren unterschiedlichen pädagogisch-didaktischen Intentionen entwickelt:
Kees Both nennt „thematische Kreisgespräche“, „Beobachtungskreise“ (eher naturwissenschaftlich-technisch: z.B. „Schallübertragung“), „Nachrichtenkreise“, „Lese- oder Erzählkreise“, „offene Kreisgespräche“, „Planungskreise“, „Berichtskreise“, „(Vor-)Lesekreise“, „Evaluationskreis“; auch der von Freinet herkommende „Freie-Text-Kreis“ oder der „Klassenrat“ sind gute Möglichkeiten der Anwendung von Kreisformen. (Siehe Kees Both, Jenaplan 21, S. 81.138-141)

Wichtig für die Gesprächskultur innerhalb und außerhalb der Schule ist auch das bekannte Buch der Holländerin Martine F. Delfos über (Einzel-)Gespräche mit Kindern – ausführliche Rezension auf dieser Website jenaplan-heute.de unter > Literatur >> Rezensionen!

Ad Boes, Regeln für das thematische Kreisgespräch:

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Hans F. van Aalst, Lernen in der Netzwerkgesellschaft:

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Hartmut Draeger, Dialogisches Lernen im Tempel:

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