FEIER

Die Feier in der Jenaplan-Schule

„Die Woche beginnt und endet mit einer Feier. Die Feier rhythmisiert das Schulleben und fördert das Gemeinschaftsgefühl. Sie schenkt den Kindern Öffentlichkeit.“ (Theo Klaßen)

Anthropologischer und pädagogischer Hintergrund der Feier  Folgende Gedanken  über „Fest und Feier“ in der Pädagogikgeschichte und speziell bei Petersen entstammen der noch immer sehr lesenswerten Dissertation von  Theodor F. Klaßen (Klaßen: Die Bildungsgrundformen Gespräch, Spiel, Arbeit und Feier im Jena-Plan Peter Petersens, Diss. Münster 1971, S.73 ff., 152 ff.). Feiern, sagt Petersen in seinem Hauptwerk, der Führungslehre des Unterrichts (4. Aufl. 1953, S.171) „kann nur, was Menschenantlitz trägt“ (Klaßen, 73). Feste und Feiern heben sich aus der Welt der alltäglichen Arbeit und des Kalkulationsdenkens als etwas Besonderes, als Unalltägliches heraus. Der Mensch kann sich frei machen von der Last und der Nötigung der alltäglichen Sorge. Aktivität der Teilnehmer scheint nicht ein entscheidendes Feiermerkmal zu sein. Vielmehr wird von den Feiernden die kontemplative

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Hingabe gefordert. Der Mensch muss ruhig werden, sich auf das besinnen, was Gegenstand des jeweiligen Festes und der jeweiligen Feier ist. Er muss sich davon berühren und erheben lassen. Auf eine unalltägliche Weise verleihen sie so herausgehobenen Begebenheiten eine besondere Bedeutung und wirken auf diese Weise zeitgliedernd. (S.74)

Feiern können über bloße gedankliche Reflexion hinaus geschichtliche Ereignisse erlebbar machen, die „Bedeutungshaftigkeit des Lebens“ erschließen und das menschliche Dasein erhellen, so dass sich der Mensch als historisches Wesen erfährt und sich in den „tragenden Untergründen (seines) geschichtlichen Lebens“ neu zu gründen sucht. (Bollnow 1964) Im Zustande der festlichen Gestimmtheit kann erst der Mensch die Wirklichkeit der Welt und sein Dasein als etwas Gutes und „also Geliebtes“ erfahren, ist es ihm möglich, seine „Zustimmung zur Welt auf unalltägliche Weise zu begehen“, des „göttlichen Urgrundes der Welt“ inne zu werden und glücklich darüber zu sein.(Pieper 1961) Im Fest und in der Feier begegnet ihm diese Seinswirklichkeit unmittelbar. Darin liegt ihr anthropologischer Sinn.[75 f.] Feste und Feier sind für den Menschen Höhepunkte in ihrem Dasein – in ihnen gewinnt der Mensch „die zur Sinnorientierung erforderliche Distanz“ (Weber 1965) In der Gemeinschaft der Feiernden kann sich der Mensch selbst übersteigen. Fest und Feier führen den Menschen zum anderen Menschen.[Klaßen, S.76] Petersen sieht die Feier – ebenso wie Gespräch, Spiel und Arbeit als eine „Urform“ des Lebens und Lernens. Oskar Seitz verweist auf die Höhlenzeichnungen des Paläolithikums, die magischen Beschwörungen des Jagderfolgs bzw. der Ritualisierung des Dankes nach erfolgreicher Jagd, die durchaus schon Feiermomente (Rahmen für Inititiationsrituale und -feiern) erkennen ließen. [Oskar Seitz (1995), Die Feier – ein vergessenes Bedürfnis des Kindes? In: KINDERLEBEN. Zeitschrift für Jenaplan-Pädagogik H.3/ Mai 1995, S.5-13, hier S.5] Das Musische gehört dazu: „Das Heraustreten des Festlichen kann nur geschehen durch Kunst.“ (Schleiermacher 1850) [nach Klaßen, S.76] Es gibt auch misslungene Feiern (z.B. in Schulen): Sie sind gekennzeichnet durch bloße Inadäquatheit des äußeren Rahmens (Seitengespräche, Streitereien, Hektik etc.), Monotonität, Erzwungenheit, Einschränkungen der Schülerinitiative, Überperfektion.[vgl. Seitz (1995), S. 11 f.] „Eine Schule kann nur lebendig bleiben, wenn sie in ihrem Schulleben und damit auch in den Feiern und deren Gestaltung nicht erstarrt. Nicht erstarren aber werden die Feiern, wenn sie immer organisch mit der Schule verbunden sind, aus ihrer Atmosphäre und ihrer Arbeit herauswachsen und auf sie zurückwirken, sie nicht belasten, sondern sie fördern.“ (Dorothea Schuster-Josupeit) [Schuster (1964), S. 162]

Jaap Meijer (2014), Die Feier als Basisaktivität – Hintergründe, Organisation, Praxis

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Hartmut Draeger (2015), Begeisterung, Stolz und Freude – die Schulfeier zum 20-jährigen Bestehen des Fördervereins der PPS Berlin-Neukölln

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